Autor: NilsA

Bitte mehr Dialoge wagen!

Dialog nicht ohne Sophie

Enthaltsamkeit ist keine meiner starken Tugenden. Gerne ein Glässchen Wein ab Abend und manchmal auch zwei kleine Bierchen. Rauch gabs bei mir früher auch – heute sind mir meine Lungen dafür zu schade. Aber was mich schafft und mich zum geduldigen warten verdammt ist meine Sophie. Normalerweise kann sie Sie fast ohne Ende schwurbeln, lässt niemanden mehr zu Wort kommen. Oder Sie bricht schon mal wechselseitig entweder in lautes Heulen oder aber in infernales Fluchen aus. Jetzt aber schweigt sie schon seit zwei Wochen – und das macht mich fertig!

Manfred Kröber

Heute hat völlig unerwartet einer der OB-Kandidat der Freiburger Grünen angerufen. Wir kennen uns aus früheren Philocafé-Zeiten. Er stellt sich als grüner OB-Kandidaten neben den anderen grünen Kandidaten, weil er „innerhalb des grünen Spektrums genügend Platz für eine sinnvolle und inhaltlich klar abgrenzbare weitere Bewerbung“ sieht. Während wir am Telefon über seinen bevorstehenden öffentlichen Wahlkampfauftakt sprechen (Mo. 19. Februar, 20:15 im „La Pepa“, Moltkestraße 27) ist er volles Roh offenes Ohr. Wenn ich von meinen Kindern, meinem Job oder meinem Hausprojekt rede nehme ich ihn verständnislos wahr, fühle mich als Zeitdieb, aber nicht missbilligt.

Dialektische Auflösung unmöglich

Zur Beruhigung von Menschen denen es ähnlich wie Manfred Kröber geht hat Martin Buber sicherlich irgendwo geschrieben, dass die immer währenden Widersprüche zwischen den Menschen nicht letztgültig aufzuheben sind. Dass wir also im Gegensatz zur Annahme nicht wenig prominenter logischer Dialektiker (z.B. Hegel, Marx, Kant) gar nicht zu letztgültigen Schlüssen gelangen können, weil die Schlüsse sich in Laufe unserer Dialoge immer wieder neu und auf vormals unvorhersehbare Weise einstellen. Ich bin gespannt darauf wie Manfred in der Lage sein wird die Diskussionen immer wieder neu inhaltlich mitzuprägen.

Praktische Nutzanwendungen der Dialogosophie

In Folge der Buberschen Einsichten hat die Gestalttherapie postuliert, dass in Dialoge immer auch unbearbeitete Ereignisse aus der Vergangenheit auf ihre je eigne Art und Weise ihre Antworten mit einfließen lassen. Daran knüpft Schulz von Thun an, bei dem ein und dieselbe Nachricht außer dem Vergangenen stets noch viel mehr Botschaften gleichzeitig enthält (vgl. von Thun 2008: Miteinander reden. S. 26 Rowohlt). Ob und wie wir dieses Botschaften wahrnehmen und interpretieren, was wir daraus in unserem eigenen Beitrag machen, bleibt eine Frage innerer Einstellung und Glaubens. Lasst uns darüber mal in einen Dialog treten!

Sicher ist nur…

…, dass es Sicherheit nicht gibt

Endlich mal was neues schreiben, was noch nie Dagewesenes- was innovatives. Zugleich verständlich und anspruchsvoll bleiben. Was ist ein gleich sicherer Stil im schreiben? Kommt die Sicherheit allmählich, im laufe von 10.000 Zeilen oder erst nach 10.000 Seiten? Sicher ist nur, dass der geneigten Empfänger und die Empfängerinnen eines Rundbriefs lasen: Absolute Sicherheit gibt es nicht!

Sicherheit durch Fragen

Meinem Freund F. ist es leicht möglich andere Menschen um Hilfe zu fragen. Durch eine plötzliche körperliche Einschränkung hat er seine Grenzen kennen gelernt. Mit zunehmender Erhellung seiner neue Begrenztheit kann er erkennen was über seine Grenzen hinaus geht, und das darüber hinaus gehende nachfragen. Hat er dadurch mehr Sicherheit erlangt als jemand der nicht nach Hilfe fragen kann? Kommt jemand, der nicht nach Hilfe fragt auf den Himalaya hoch?

Bedrohung im Schlaf

Ein Zweijähriger wacht früh morgens auf. Er reibt seine Äuglein. Er geht nicht davon aus, dass sich über Nacht ein rostender Metallspan in die Hornhaut seines linken Auges gebohrt hat. Fünf Stunden später, auf dem Operationstisch blickt er mutig auf ein rasiermesserscharfes und steriles Löffelchen. Wie bewusst ist mir, dass ich über Nacht einer von 2,9 Millionen Pflegefälle werden könnte?

Mit meinem zunehmendem Alter (38!), wegen viel belastender Arbeit und zeitweise ungesundem Lebensstil werde ich mit ziemlicher Sicherheit eines Tages pflegebedürftig sein. In diese Zukunft will ich aus dem Jetzt und Hier heraus mein individuelles Sicherheitskonzept geschickt haben, meine gesundheitliche Vorausplanung, meine was-auch-immer GAbe. Eine GAbe die mir Pflegling dann hilft meine enormen Verunsicherungen und Ängste zu bändigen. Eine Freiwillige, zielgerichtete und vorausschauende GAbe zu deren Zweck ich in Vergangenheit mich selbst und nahestehende Personen befragt habe. Danach gefragt: Wie denkst Du Dir, würde ich mir in der Pflegebedürftigkeit helfen lassen und glaubst Du noch an Sicherheit?

Objektive Sicherheit

Objektiv sicher sind Brandmeldeanlagen, Alarmanlagen, Videoüberwachung, Hausnotruf und Sicherheitsdienstleister. Schmerzsparender – und dafür gehen alle Menschen mit optimiertem Lustdepot – ist es an der eigenen Leistungsgrenze aufzugeben und jemanden zu fragen der sich damit auskennt. Dann entsteht Gemeinschaft, weil auf subjektiv erfahrene Sicherheit die durch autonome Leistungen zugunsten der gemeinsamen Leistung verzichtet wird. Vielleicht ist das auch ein gutes Verständnis des Ehebunds: Das deontologische „sich gegenseitig Lieben und Ehren bis, dass der Tod uns scheidet“ geht von der Einsicht in die eigene Begrenztheit aus. Frei und existentialistisch übersetzt: „Wenn ich nicht mehr weiter komme, dann bin ich wie tod und auf die Liebe und Ehrung durch anderer Hilfe angewießen.“ Auch die weniger religiösen Vertragstheoretiker betonen (z.B. Gesellschaftsverträge, Bausparverträge, Versicherungsverträge etc.), dass sie durch Abgabe von Geld einen Stein erwerben, auf den sie im Bedarfsfall bauen können. Noch besser ist wahrscheinlich, wenn sie den Stein in ihrer Sicherheitsagentur gar nicht verbauen mögen. Ich bin neugierig: Kennen Sie einen Fall in dem es ein Schaden war sie, die Sicherheitsagentur, beaufragt zu haben?